Hallo Lorena, Palast der Löwin - eine ziemlich coole Sache. Wie kam es dazu?
Also es ist schon eine längere Idee von mir. Ich hab Sozialwissenschaften, Internationale Beziehungen und Politikwissenschaften studiert, aber recht früh im Studium gemerkt, dass meine künstlerischen Ambitionen auch Raum brauchen. So habe ich eine Videoproduktionsfirma gegründet. Da ist mir aufgefallen, dass man immer sehr viele Menschen braucht, die man animieren muss bspw. einen Sound Engineer, eine Kamerafrau usw. Und weil das immer so viele Menschen sind, dacht ich mir, ist es am einfachsten, einen Raum zu haben, wo man alle zusammenbringt.
Nach meinem Studium - im Jahr 2011 - habe ich mich dann darauf vorbereitet nach Kap Verde auszuwandern - meiner Heimat mütterlicherseits. Währenddessen habe ich die Idee eines Creative Space immer weiterentwickelt um sie in Kap Verde zu realisieren. 2016 bin ich dann schlussendlich nach Simbabwe ausgewandert und von Simbabwe nach Kap Verde. Als ich dann doch zurück nach Deutschland bin, hab ich 2018 im dritten Anlauf diesen Creative Space in meiner Heimatstadt Bonn gegründet. In Deutschland ist es auch so, dass die staatlichen Förderungen unheimlich unterstützen können und auch die Strukturen andere sind.
Stichwort Staatliche Förderung. Kannst du vielleicht kurz erläutern, wie sich der Prozess diesbezüglich dargestellt hat?
Kurz nach meinem Studium hatte ich mich aktiv in Afrikanische Diaspora Netzwerke eingebracht. Da habe ich Seminare in Portugal und Spanien besucht und unter anderem Abraham Nida - den Mitgründer von Migrafrica - kennengelernt. Und nachdem ich viele Jahre gereist und dann zurückgekommen bin, hat er gesagt "Okay, dann helfe ich dir jetzt und zeige dir den Weg, wie man eine Organisation in Deutschland aufbaut." Da er bereits eine Organisation aufgebaut hat, die 27 Mitarbeiter hat, kennt er alle Stolpersteine. Letztlich haben sie mich in allen Schritten begleitet - von der Vereinsgründung bis zur Förderung für Migrantenselbstorganisationen. So konnten sie mich strategisch an alle Startförderungen anbinden.
Verstehe. Wann ist der Palast offiziell an den Start gegangen und wie hat sich die Raumsuche dargestellt?
Im Herbst 2018 habe ich den Verein gegründet. Ich hab dann ungefähr ein halbes Jahr Förderungen geschrieben und bin die ganzen bürokratischen Pflichten nachgegangen wie Konto eröffnen, beim Finanzamt Gemeinnützigkeit anfragen - man braucht da ganz viele Dokumente. Dann hab ich die erste Förderung bekommen, eine Anschubförderung. Wir haben dann erstmal etwas Geld gehabt aber noch viel zu wenig für eine Raummietung.
Dann hab ich noch eine weitere Förderung erhalten - für ein Afro Dance Kurs in Zusammenarbeit mit einer Freundin. Es hat schlussendlich über ein Jahr gedauert, bis ich dann endlich den Raum gefunden habe, der sehr zentral in Bonn und bezahlbar ist. Letztes Jahr im Februar habe ich den Raum bekommen und hab es dann zusammen mit den Frauen, die bereits aktiv im Verein waren renoviert.
Wie hat Corona eure Arbeit beeinflusst?
In Zeiten, in denen wir sowieso schon in der kompletten Digitalisierung sind und auch ohne Corona nicht mehr so viel zusammenkommen und treffen, wollte ich einen Raum schaffen, wo wir wieder zusammenkommen und uns treffen. Und auch in unserer afrikanischen Identität - kulturellen Identität - ist die Gemeinschaft ein wichtiger Bestandteil unseres Seins. Und das wollte ich hier im Palast der Löwin aufleben lassen und durch Corona ist das natürlich erstmal am Pausieren - da brauchen wir noch - aber gleichzeitig sind wir auch alle Mütter. Das heißt, wir können sowieso nicht so schnell arbeiten, daher entlastet es uns auch, dass wir genügend Zeit haben, den Raum hier aufzubauen.
Wie kommt der Palast denn bei den Bonnern an? Oder anders formuliert, wie sind die Rückmeldungen bis dato.
Also es gibt zwei Gruppen, würde ich sagen. Die einen, die schon kreativ denken und künstlerisch und innovativ sind. Die sagen ja wir haben das gebraucht, diesen Raum, einen kreativen Raum. Und die anderen - wir sind ja nicht wie in Berlin, wo es unglaublich viele Räume schon gibt, wo so viele Galerien, Künstler sind. Bonn ist eine sehr konservative Stadt. Hier können nur die Reichen und Geld-Machenden, sich Räume leisten und so innovativ ist die Region hier halt nicht. Die, die schauen sich das an und finden es spannend. Sie sehen, das Design ist gut, aber die stehen dann noch mit Fragezeichen. Ja, das sind die beiden Gruppen, die es so sehen. Aber generell glaube ich, sind alle sehr interessiert.
Welche Mission verfolgt ihr mit dem Palast?
Die Mission ist, Künstlerinnen, Kreative und Unternehmerinnen ein Raum zu geben, ihr Potenzial zu entfalten, ihre Ideen aufzuschreiben, mit Gleichgesinnten zu besprechen, weiter zu entwickeln, gemeinsam zu gründen und so auch gemeinsam zu wachsen. Sowohl für den Palast als auch für mich sind drei Werte sehr wichtig: Inspiration, Kreativität und Exzellenz und das sind Werte, die ich besonders in Afrika auf meinen Reisen gesammelt habe. Das man sich gegenseitig inspiriert, Komplimente gibt, lobt und die Großartigkeit der anderen Menschen sieht. Und diesem Raum möchte ich hier schaffen.
Gleichzeitig aber damit Resistenz ausübe gegen den üblichen deutschen Raum, der halt glaubt, dass Kritik ein hoher Wert ist, somit aber viele Träume und Potenzial im Keim erstickt werden in dieser Gesellschaft, obwohl Potenzial vorhanden ist. Manchmal reicht ein kleiner negativer Input das man fällt. Und in dieser Gemeinschaft hier im Palast der Löwin wollen wir uns gegenseitig in unserem Weg begleiten, stärken und immer wieder die Großartigkeit der anderen und der Afrodeutschen Gemeinschaft sehen.
Würdest du dich selber als Afrodeutsch identifizieren?
Für mich persönlich ist das der richtige Begriff, aber ich weiß, dass manche Schwestern und Brüder, sich nicht so benennen und sich nicht wohl damit fühlen. Ich bin kapverdisch-deutsch. Ich habe in verschiedenen Länder in Afrika gelebt und wenn ich hier in Deutschland bin, dann ist mein Gefühl zu anderen Afrikaner/innen sehr stark. Dennoch fühle ich mich hundertprozentig kap-verdisch und auch hundertprozentig deutsch. Dieses halb, halb ist etwas, womit ich mich nicht identifiziere.
Wie schätzt du die Relevanz der nächsten Generation
frühestmöglich Business-Know-How mit auf dem Weg zu geben?
Unternehmerische Kenntnisse an die nächste Generation so früh wie möglich weitergeben, finde ich unglaublich wichtig. Reiche Menschen denken anders als arme Menschen. Und wir müssen unseren Kindern installieren reich und in Potenziale zu denken. Ich möchte jungen Mädchen so früh wie möglich mitgeben, dass sie schon mit 16 ihre Businesses aufbauen und trotzdem einen ganz normalen Beruf erlernen können. Die jungen Millionäre das sind ja meistens auch irgendwelche Informatik Kinder, die schon mit 15, 16 Sachen aufbauen können, das hat ja nichts mehr mit dem Alter zu tun. Da können wir ganz viel überspringen und das müssen wir in den nächsten Generationen installieren.
Vielen Dank für deine Zeit.