Hallo Nelson, magst du uns kurz erläutern wer du bist und was du machst?
Also ich bin der Nelson Agho, ich bin 28 Jahre alt und komme aus der Nähe von Heidelberg. Ich arbeite im öffentlichen Dienst, kam so auch zu dem Beruf Freier Redner. Ursprünglich habe ich mal als 18-Jähriger eine Ausbildung absolviert im Rathaus - faul gewesen, nicht gewusst was ich machen soll. Irgendwann hat der Standesamtsleiter gekündigt - dann hieß es wer könnte das machen - die größte Klappe hatte ich damals und da hab ich gesagt ich mach das. Ich glaube, mein Alter damals war extrem, vielleicht auch zu jung, aber natürlich auch mein optisches Erscheinungsbild, an das man nicht gerade denkt wenn man an Freie Hochzeitsredner denkt.
So hat sich das immer mehr herumgesprochen, mit immer mehr privater Anfragen. Ich hab dann aber das Amt gewechselt bzw. bin weg vom Standesamt weil ich nochmal zur Schule bin für den gehobenen Dienst. Und quasi in meiner letzten standesamtlichen Trauung war eine Hochzeitsplanerin, einer der größten Hochzeitslocations hier in der Gegend, anwesend. Im Anschluss hat sie mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte mit Ihnen zusammenzuarbeiten. So hat das ganze seinen Lauf genommen.
Okay, Öffentlicher Dienst. Was hast du konkret in der Ausbildung gemacht?
Ich hab eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten absolviert, ganz normal im Rathaus. War dann ausgelernt gehabt, war dann Leiter vom IT-Bereich und dann eben nach ein paar Jahren vom Standesamt. Da wir eine kleine Verwaltung waren habe ich alles ein bisschen mitgemacht, war noch stark im Finanzbereich tätig, wo ich heute auch noch immer tätig bin. Und über das Standesamt den Weg dann zum Freien Redner gemacht.
Sehr interessante Bio. Welchen Background hast du, wenn ich fragen darf?
Meine Mutter ist Deutsche, mein Vater ist aus Nigeria. Ich bin im kleinen Ort hier aufgewachsen, so hat das natürlich noch eine größere Verwunderung ausgelöst, was der Nelson macht. Dies zieht sich bis heute noch ein bisschen durch. Heute sitzen manchmal 150 Leute vor mir. Das macht mich natürlich schon wahnsinnig stolz, wenn Leute da sitzen und sagen klasse was er macht.
Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag vorstellen? Finden die Trauungen fest an einer Location statt?
Über die Location bin ich reingekommen, die vermittelt mich auch. Ich habe auch mit vielen Locations Kooperationen hier bei uns in der Gegend. Auch der ein oder andere Musiker fragt mich an oder umgekehrt, Kooperationen machen, Werbung füreinander, spricht sich natürlich rum. Mundpropaganda, sehr viel Mundpropaganda. Ja, wie mein Tag aussieht. Ich bin immer noch im Finanzbereich tätig und mach SAP Anwendungsberatung für den öffentlichen Dienst. Halte ebenso Schulungen für die Stadtverwaltungen und Gemeindeverwaltungen hier in der Gegend in Baden-Württemberg. So sieht mein Alltag, also Montag bis Freitag aus.
Am Wochenende sind dann meistens die Hochzeiten, Freitag oder Samstag, manchmal auch Sonntag. Meine Hauptlocation ist so frequentiert das auch manchmal Mittwochabends eine stattfindet. Ich ziehe mich dann im Geschäft oder zuhause im Homeoffice um und dann geht's auf die Hochzeit. Nach der Arbeit abends mache ich meistens die Traugespräche. Normalerweise treffe ich mich mit den Leuten in Cafés. Die Paare kommen von überall her, manchmal auch von der Schweiz. Manchmal halt ich die Traugespräche auch per Videotelefonie ab, derzeit sicherlich nur per Videotelefonie und am Wochenende sind die Hochzeiten klar.
Wie hat sich die Situation bzw. die Branche seit letztem Jahr verändert?
Letztes Jahr war schon ein starker Einbruch. Vor allem während des ersten Lock Downs wars schon so, dass alle Hochzeiten auch ausgefallen sind. Ab Juni gab es dann Lockerungen - sprich begrenzte Veranstaltungen und begrenzte Anzahl der Teilnehmer bzw. Gäste. Die Locations haben Hygiene Konzepte entwickelt, wobei ich sagen muss seit Herbst ist der Trend sicherlich wieder sinkend.
Natürlich ist es ein absolutes Saisongeschäft. Die wenigsten heiraten im Dezember, Januar, Februar, da will fast keiner heiraten. Durch die Situation, da viele im Sommer und im Frühling abgesagt haben, wurden ebenso viele in den Herbst Dezember verschoben. Und die haben natürlich gedacht sie sind fein raus. Aber es sieht nicht danach aus.
Ist es für dich vorstellbar die Tätigkeit als Freier Redner eines Tages hauptberuflich auszuüben?
Die Gedanken sind schon da. Aber die Frage ist: Ich habe jetzt keinen Druck. Ich bin Alleinanbieter sag ich jetzt mal und die meisten heiraten dann doch am Wochenende. Was bedeuten würde das ich an einem Tag mehrere Trauungen machen müsste - ein ganz anderer Druck. Ich bin ein junger Kerl, meine Kollegen sind meistens älter und auch andere Typen. Ich geh meistens in die Gespräche und präsentiere den Nelson. Und wenn am Ende des Tages jemand sagt der Nelson ist ein Vollidiot - dann denke ich mir okay, dann halt nicht.
Aber die Lockerheit hat man in der Regel nicht, wenn man davon abhängig ist. Und die will ich schon beibehalten. Ich hab eine Frau, ich hab eine kleine Tochter, da ist natürlich das Wochenende sowieso eigentlich heilig, wo ich noch nicht den Mehrwert sehe, von Freitag bis Sonntag nur auf Hochzeiten zu sitzen - was ich machen müsste, wenn ich natürlich davon leben möchte. So kann ich mir das schön einteilen. Und den Spaß will ich mir noch beibehalten. Ich glaube Arbeit und Spaß ist ein schmaler Grat, jetzt habe ich noch Spaß dabei. Aber wenn man davon abhängig ist, ist es einfach die Arbeit.
Vielen Dank für deine Zeit.